Logdaun – look down – lockdown – alle Varianten habe ich schon gelesen. Die erste stammt von meinem neunjährigen Sohn, die zweite ist ein Buchstabendreher einer Freundin. Wie auch immer ER geschrieben wird. Wir wissen alle um was es geht. Als wolle das Wetter aber eine andere Nachricht senden, ist es, fast pünktlich mit dem zweiten lockdown, herrlich sonnig und wärmer als für diese Jahreszeit üblich. Was ist üblich? Ich weiß es nicht, aber ich bedaure, dass nun, wo man doch nochmal draußen sitzen könnte, die Restaurants und Cafés geschlossen sind. Also hole ich Essen oder koche selber. Letzteres ist das Erste was mir zum Thema lockdown einfällt. Ich habe keine Lust dazu. Alles in mir sträubt sich, wenn ich nur daran denke. Ich will nicht kochen. Ich will mir keine Gedanken machen, was es zu Essen geben muss. Ja muss, denn wir müssen ja essen. Dabei koche ich sehr gerne. Und wenn meine Kinder mit ICH WILL kommen, dann sage ich: Will lebt in Amerika und Aber ist sein Freund.
Also, was ist das für ein kindliches Verhalten, das mich plötzlich überkommt?
Dass ich nicht kochen will, passiert nicht zum ersten Mal, denn, wie gesagt, ich koche gerne. Es macht mir Spaß, Neues auszuprobieren, mit Zutaten zu jonglieren. Ich mag, wenn es in der Küche duftet und meine Gäste vor Genuss verstummen. Wenn also dieses ICH WILL einsetzt, dann stimmt 'was nicht. Natürlich kann man einwenden, dass derzeit kaum für Gäste gekocht wird. Gekocht wird für die Familie und es macht wenig Spaß für Kinder zu kochen, die kaum etwas davon essen. Richtig. Und man könnte auch einwenden, dass man in der Woche weniger Zeit hat und entsprechend weniger aufwendig kocht als am Wochenende beispielsweise. Aber das stimmt alles nicht, auch wenn die Einwände stimmig sind. Auch am Wochenende will ich nicht kochen. Es geht um etwas anderes.
Meine Abwehr ist die Antizipation meiner Entkräftung, ohne dass ich es als dieses aussprechen muss. Eigentlich sage ich: Statt immer zu kochen, will ich mal bekocht werden. Statt mich um das Essen zu kümmern, will ich, dass sich jemand um mich kümmert. Ich äußere im Prinzip ein basales Bedürfnis in der Sprache der Kinder. Das muss doch jeder verstehen. Auch meine Kräfte sind begrenzt. Ich kann nicht mehr. Eigentlich sage ich genau das. Und eigentlich sage ich das eben auch nicht. Natürlich habe ich noch Kraft. Das weiß auch jeder. Der zweite lockdown kommt nicht überraschend. Er kommt auch nicht ungelegen. Die Unpassenheit dieser Pandemie – die Störungen, die sie verursacht – sind derzeit status quo. Die Frage der Wahl reibt sich mit den Umständen, die wir kaum überblicken und vor allem auch nicht beeinflussen können. Pandemien zeichnen sich durch unkontrollierbare Ausbreitung aus. Unkontrollierbare Zustände. Das wissen wir mittlerweile. Es ist oft genug gesagt und geschrieben worden.
look down statt lockdown – der Austausch eines Buchstaben, der dem abschließen Perspektive(n) verschafft, steht in einem merkwürdigen Verhältnis zu meiner Empfindung nicht-kochen-zu-wollen. Look down als lockdown visualisiert sowohl das Gefälle als auch den freien Fall, die Bodenlosigkeit, die viele im Zusammenhang mit Corona verspüren. Als ich mit einer Bekannten darüber sprach, sagte sie: Dann stellt sich doch die Frage, ob man fällt oder fliegt.