In den sozialen Netzwerken kursiert die Nachricht, dass am Samstag um 19:00 Uhr auf den Balkonen geklatscht wird - für die Ärzt*innen, Pfleger*innen und Sanitäter*innen.
Um 18:50 Uhr sind mein Mann und ich unterwegs. Sein Gesundheitszustand hat sich nicht verbessert. Wir fahren zu einem befreundeten Arzt, der in der Nähe wohnt. Falls es eine Lungenentzündung ist,
braucht mein Mann ein Antibiotikum.
Um 19 Uhr stehen wir vor dem Haus unserer Freunde. Der Freund kommt runter. Wir wollen zu Apotheke, da er dort mit seinem Arztausweis ein Antibiotikum für meinen Mann besorgen kann. Mein
Mann sitzt mit einem Mundschutz hinten im Auto. Ich stehe vor dem Auto. Meine Freundin, die Krankenschwester ist, steht mit etwas Abstand neben mir. Während wir noch überlegen wie wir logistisch
diese sonst so einfach Sache lösen, treten Menschen auf ihre Balkone und beginnen zu klatschen. Ich habe es vergessen, obwohl ich meinen Kindern gesagt habe, dass sie um 19 Uhr auf den
Balkon gehen und mitklatschen sollen. Ich klatsche nicht. Ich schaue meine Freundin an. Tränen laufen mir über die Wangen vor Dankbarkeit. Es berührt mich sehr, wie selbstverständlich sie für uns
da sind.
Das gilt für alle, die ich hier kenne. Nicht nur Freunde, auch meine Schwester, die Allgemeinmedizinerin ist, kann ich jederzeit anrufen. Sie wird mich nicht nur immer beraten. Sie kommt auch,
wenn ich sie brauche. Sofort. Sie kommt am nächsten Morgen. Ihre Jüngste sitzt im Auto. Die beiden Jungs sind zu Hause und lernen. Ihr Mann arbeitet und ist stundenlang in
Telefonkonferenzen. Die Verantwortung ist groß, denke ich. Wenn wir den Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten, applaudieren, dann tun wir das nicht nur in ihrer Rolle als Ärztinnen und
Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, Sanitäterinnen und Sanitäter, sondern auch als Mütter und Väter, Ehefrauen und Ehemänner, Töchter und Söhne, Schwestern und Brüder, Freundinnen und Freunde. Meine
Schwester legt ihre Rolle als Ärztin nie ab. Das ist eine Grundhaltung.